Im Schwarzwald-Baar-Kreis gibt es pro Jahr ca. 120 Opferfälle, die von den Mitarbeitern des WEISSEN RINGS bearbeitet werden. Unter den betroffenen Personen sind viele Kinder und Jugendliche, die sexuell missbraucht wurden. Die psychischen und körperlichen Folgen sexuellen Missbrauchs sind meist gravierend und belasten die Opfer nicht selten ein Leben lang. Traumatisierungen, posttraumatische Belastungsstörungen, chronische Schmerzen oder sogar Schädigungen am Erbgut sind möglichen Folgen der Straftaten. Betroffene sind durch die gesundheitlichen Einschränkungen teilweise erwerbsunfähig und leiden damit auch finanziell. Nicht wenige Opfer haben aufgrund des erlittenen Missbrauchs eine Schwerbehinderung. Um den betroffenen Personen zu helfen, wurde das Ergänzende Hilfesystem (EHS) geschaffen. Dadurch sollen die bestehenden sozialrechtlichen Hilfen ergänzt werden.
Das EHS ist das Ergebnis des „Runden Tisches Sexueller Kindesmissbrauch“, der vom Bundeskabinett am 24.03.2010 beschlossen wurde, nachdem es zahlreiche Berichte Betroffener über sexuellen Missbrauch im z. B. kirchlichen Bereich und Internaten gab. Durch das EHS können pro Person bis zu EUR 10.000,00 als Sachleistung bereitgestellt werden. Bei einer bestehenden Schwerbehinderung sind sogar weitere EUR 5.000,00 an Hilfe möglich. Mit den Geldern können auch verschiedene Hilfen parallel gewährt werden, darunter die Kosten einer Psychotherapie, für die die Krankenkasse nicht aufkommt oder die Kosten einer Reittherapie, Musiktherapie oder Kunsttherapie. Opfer sexuellen Missbrauchs machen aufgrund der schweren Traumatisierung teilweise keinen Schulabschluss oder eine Ausbildung. Auch hier bietet das EHS eine Kostenübernahme an, um den Schulabschluss nachzuholen, eine Ausbildung zu absolvieren oder eine Umschulung zu machen.
Da weiterhin Bedarf an qualifizierten EHS-Beraterinnen und EHS-Beratern besteht, hat die Bundesgeschäftsstelle des WEISSEN RINGS im Landesbüro in Stuttgart in der Opferhilfe bereits erfahrene Mitarbeiter zu ergänzenden EHS-Beratern weitergebildet. Das ist zum Beispiel deshalb wichtig, da im Antragsverfahren geklärt werden muss, welcher Zusammenhang zwischen einer beantragten Leistung und dem erlittenen sexuellen Missbrauch besteht. Geprüft wird dabei auch, inwieweit die beantragte Leistung geeignet ist, die Beeinträchtigungen und Folgen der Straftat zu beseitigen oder zu lindern. Die EHS-Berater sollen dem Opfer beim Antrag helfen, der auch konkrete Angaben zu den gewünschten Hilfen und damit auch zum Umfang und den Kosten der Hilfen erfordert. Die Ausbildung erfolgte durch Tobias Grän und Monika Ebert. Grän ist Projektleiter und bundesweiter Koordinator der EHS-Berater in der Bundesgeschäftsstelle des WEISSEN RINGS in Mainz. Ebert ist ehrenamtliche Mitarbeiterin des WEISSEN RINGS in der Außenstelle Freiburg und langjährige EHS-Beraterin.
Aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis wurden Opferhelferin Marianne Brunner, die beruflich Pflegedirektorin im Schwarzwald-Baar-Klinikum ist, und der Außenstellenleiter des WEISSEN RINGS Jochen Link ausgebildet, der als Opferanwalt tätig ist. Beide verfügen über eine langjährige Erfahrung in der Betreuung von Opfern sexuellen Missbrauchs und sind nun bereit, Opfern auch bei EHS-Anträgen zu helfen.