Franziska Straubel, die Jugendbeauftragte des WEISSEN RINGS von Baden-Württemberg, und Felicitas Bichweiler, Mitarbeiterin des WEISSEN RINGS in der Außenstelle Schwarzwald-Baar-Kreis, waren zu einem Erfahrungsaustausch an der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg eingeladen. Die Studentinnen und Studenten der Polizeihochschule sollten die Opferarbeit aus Sicht des WEISSEN RINGS kennenlernen. Das war die Intention von Kriminaldirektor Jochen Schröder, Prodekan der Fakultät für Kriminalwissenschaften, der diese Veranstaltung initiiert hat. „Wenn alle den Verbrecher jagen, wer bleibt dann eigentlich beim Opfer?“ war die zugespitzte Frage an die Referenten und Zuhörer. Die baden-württembergische Jugendbeauftragte des WEISSEN RINGS stellte in einer Präsentation den WEISSEN RING vor, der 1976 als gemeinnütziger Verein gegründet wurde und dem heute rund 50.000 Mitglieder angehören. 3.000 geschulte ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in bundesweit 420 Anlaufstellen kümmern sich um die Opfer von Straftaten, nur ca. 90 hauptamtliche Kräfte sind in der Bundesgeschäftsstelle in Mainz und in den Landesbüros für die Opfer tätig. Der WEISSE RING hilft den Opfern in vielfältiger Weise unabhängig von einer Mitgliedschaft oder irgendwelchen Verpflichtungen. Franziska Straubel und Felicias Bichweiler stellten in anonymisierter Form auch Fälle aus der Praxis vor. Diese sollten verdeutlichen, wie gute Opferarbeit aussehen und welche Fehlentwicklungen es beim Umgang mit den Opfern geben kann. Spätestens ab hier war die konstruktive Diskussion in vollem Gange, da gerade für die Polizei ein Spannungsverhältnis zwischen Opferbetreuung und Ermittlung der Wahrheit besteht. Die Diskussion verdeutlichte, dass dieses Spannungsverhältnis komplett nicht zu lösen ist, da die Polizei Opferzeugen unter Umständen auch kritisch befragen muss, was wiederum eine gute Opferbetreuung , z. B. durch den WEISSEN RING notwendig macht. Neben der Hilfe für die Opfer ist die Prävention ein wichtiges Thema. Was kann alles getan werden und von welchen Seiten aus? Natürlich war das Augenmerk an diesem Abend in allen Punkten vor allem auf die Polizei gerichtet. Wie kann sie den WEISSEN RING bei seiner Arbeit für die Opfer unterstützen? Auf welchem Weg wird der erste Kontakt schnellstmöglich hergestellt? Was erwartet der WEISSE RING von der Polizei? Hier gab es fruchtbare und zielführende Gespräche sowie Antworten für beide Seiten. Als Abschluss berichtete Felicitas Bichweiler über zwei ältere Fälle. Diese sollten darstellen, dass nicht alle Opferfälle so gut und zufriedenstellend gelöst werden können wie manche Musterfälle. Es gibt immer wieder Hindernisse, die bei der Opferarbeit überwunden werden müssen, damit dem Opfer wirksam geholfen werden kann. Als Beispiel nannte Bichweiler einen Fall sexuellen Missbrauchs in einer Großfamilie, bei der die Täter durch die eigene Familie teilweise gedeckt und geschützt wurden, was die Opferarbeit für Polizei, Jugendamt und den WEISSEN RING massiv erschwerte und die Opfer nochmals in eine Notlage brachte. Als „Lösung“ solcher Fälle wurde eine noch bessere Präventionsarbeit gegen sexualisierte Gewalt ins Spiel gebracht, damit die betroffenen Kinder und Jugendlichen frühzeitig Hilfe erhalten können und Straftaten erst gar nicht entstehen. Unabhängig hiervon muss parallel dazu eine entsprechende Bestrafung der Täter geben, auch wenn diese im Beispielsfall mangels Geständnis des Täters nicht zeitnah erfolgen konnte. Felicias Bichweiler, Außenstelle Schwarzwald-Baar-Kreis, Franziska Straubel, Jugendbeauftragte des WEISSEN RINGS von Baden-Württemberg, und Kriminaldirektor Jochen Schröder, Prodekan der Fakultät für Kriminalwissenschaften an der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg„Wenn alle den Verbrecher jagen, wer bleibt dann eigentlich beim Opfer?“