Der WEISSE RING im Schwarzwald-Baar-Kreis betreut pro Jahr ca. 100 Opfer von Straftaten, viele davon sind von sexualisierter oder körperlicher Gewalt betroffen. „Nicht immer kommen die Fälle über die Kriminalpolizei zu uns“, erklärt Jochen Link, der Leiter der Außenstelle des WEISSEN RINGS im Schwarzwald-Baar-Kreis. „Es suchen auch Gewaltopfer Rat bei uns, die erst einmal nicht zur Polizei gehen wollen“, wie Link ergänzt. Der WEISSE RING klärt dann auf, welche Konsequenzen es hat, wenn eine Strafanzeige erstattet wird und welche Probleme es andererseits mit sich bringen kann, keine Strafanzeige zu erstatten. „Vorgaben machen wir nicht. Jede Person soll selbst entscheiden, welchen Weg sie für richtig hält“, zeigt Volker Bausch die Vorgehensweise auf. Er ist Opferhelfer beim WEISSEN RING und als ehemaliger Leiter des Kriminalkommissariats Villingen-Schwenningen mit der Materie bestens vertraut.
Wie Bausch erläutert, ziehen sich viele Opfer sexualisierter oder körperlicher Gewalt nach der Tat zunächst zurück und sind nicht in der Lage, sich jemandem anzuvertrauen. „Dabei werden sehr häufig tatbedingte Verletzungen verspätet behandelt. Auch Tatspuren können bei einer zeitversetzten Behandlung oder Anzeigenerstattung oft nicht mehr gerichtsverwertbar gesichert werden“, wie Bauch erklärt.
Ein Opfer findet in jeder Klinik sofortige medizinische Hilfe. In einer Gewaltambulanz wird neben der forensischen Sicherung und Dokumentation der Tatspuren auch eine sachgerechte Asservierung gewährleistet. Dadurch können zu einem späteren Zeitpunkt, wenn das Opfer sich zur Erstattung einer Anzeige entschließt, der Polizei die gesicherten Spuren übergeben werden.
Link vermutet, dass es bisher aus finanziellen Gründen keine weiteren Gewaltambulanzen gab. „Baden-Württemberg hat mit Freiburg, Heidelberg, Tübingen und Ulm vier rechtsmedizinische Institute. Es hat mich schon lange gewundert, warum dort nicht jeweils eine Gewaltambulanz angeboten wird, wie es der Landesverband des WEISSEN RINGS Baden-Württemberg schon lange fordert“, meint Link. Bisher gab es eine Gewaltambulanz nur am Universitätsklinikum Heidelberg.
Vereinbar mit dem Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (sog. Istanbul-Konvention) war dies nicht. Das Übereinkommen ist in Deutschland am 1. Februar 2018 in Kraft getreten und Art. 25 der Konvention sieht vor, dass geeignete, leicht zugängliche Krisenzentren für Opfer von Vergewaltigung und sexualisierter Gewalt in ausreichender Zahl eingerichtet werden sollen, um Opfern medizinische und gerichtsmedizinische Untersuchungen anzubieten.
Umso mehr sind Bausch und Link nun erleichtert, dass es mit Freiburg künftig eine gut erreichbare Möglichkeit gibt, Verletzungen zu dokumentieren und Spuren zu sichern. „Wichtig ist vor allem, dass dies verfahrensunabhängig erfolgt, also eine vorherige Anzeige bei der Polizei nicht notwendig ist“, wie Link betont. „Auch ist das Ganze kostenfrei und eventuelle Fahrtkosten kann notfalls der WEISSE RING übernehmen, wenn die entsprechende wirtschaftliche Bedürftigkeit vorliegt“, ergänzt Bausch. Auf Wunsch der Opfer begleiten die Mitarbeiter des WEISSEN RINGS diese auch in die Gewaltschutzambulanz und geben weitere Unterstützung, insbesondere hinsichtlich einer Traumatherapie und juristischer Beratung.
Kontaktdaten:
Untersuchungsstelle für Gewaltbetroffene
(USG) am Institut für Rechtsmedizin
Albertstr. 9, 79104 Freiburg
Telefon: 0761 / 203 6850
WEISSER RING Schwarzwald-Baar-Kreis
Telefon: 07721/507213
E-Mail: Link.Jochen@mail.weisser-ring.de