Zeugenbegleitung und Zeugenbetreuung
Polizei, Staatsanwaltschaft und Strafgerichte sind bei der Durchführung des Strafverfahrens in sehr vielen Fällen auf Zeugenaussagen angewiesen, um den Straftäter zu ermitteln und zu überführen. Gerade bei der Beweisaufnahme vor Gericht benötigen die Strafgerichte neben Sachverständigen und den vorhandenen Spuren oft Zeugen, um ein Urteil fällen zu können. Dies gilt insbesondere für den Fall, dass der Täter kein Geständnis ablegt.
Zeugen sind somit wichtig, werden durch das Strafverfahren aber auch belastet. Der WEISSE RING möchte den Opferzeugen deshalb helfen, also den Personen, die Opfer einer Straftat wurden und nun als Zeugen geladen sind.
Folgende Fragen sind es, die sich die Opferzeugen oft stellen:
- Muss ich zur Vernehmung erscheinen oder kann ich mich entschuldigen lassen?
Sie sind nach dem Gesetz verpflichtet, vor Gericht zu erscheinen. Nur wenn ein ernsthafter Grund, z. B. eine schwere Erkrankung vorliegt , müssen Sie den Gerichtstermin nicht wahrnehmen. Sie sind aber verpflichtet, das Gericht frühzeitig und unter Vorlegung oder Zusendung entsprechender Unterlagen darüber zu informieren.
- Warum muss ich bei Gericht nochmals aussagen, wenn ich schon bei der Polizei ausgesagt habe? Kann ich nicht auf meine Aussage bei der Polizei verweisen?
Sie können als Zeuge auf frühere Aussagen bei der Polizei verweisen, z. B. wenn Sie sich nach längerer Zeit nicht mehr genau an Einzelheiten erinnern können. Das Gericht will sich aber in einer Verhandlung ein genaues Bild von Tat und Täter machen und benötigt dafür Aussagen von Polizei, Zeugen oder Gutachtern am Verhandlungstag. Das sieht das Gesetz so vor.
- Welche Rechte habe ich als Zeuge?
Ein Zeuge hat ein Zeugnisverweigerungsrecht, wenn er/sie beispielsweise eng mit dem/der Angeklagten verwandt ist. Auch wenn man sich selbst belasten würde, kann man die Auskunft verweigern. Man darf sich von einem Mitarbeiter/einer Mitarbeiterin des WEISSEN RINGS begleiten lassen, wenn man vor Gericht dem/der Angeklagten nicht allein begegnen will. Dieser gilt dann als Vertrauensperson des Opfers. Die Zeugenvernehmung kann in bestimmten Fällen zum Schutz des Zeugen unter Ausschluss der Öffentlichkeit oder in einem anderen Raum mit Hilfe der Videotechnik durchgeführt werden.
- Welche Pflichten habe ich als Zeuge?
Neben der Pflicht zum Erscheinen sind Sie verpflichtet, vor Gericht eine wahrheitsgemäße Aussage zu machen. In besonderen Fällen kann ein Zeuge vereidigt werden, um der Wahrheitspflicht Nachdruck zu verleihen. Es wird von Ihnen erwartet, dass Sie in Ihrer Aussage nur das vorbringen, was Sie selbst erlebt oder auf irgendeine Weise wahrgenommen haben. Verzichten Sie darauf, eigene Mutmaßungen oder Schlussfolgerungen zu ziehen. Sagen Sie dem Gericht, wenn Sie sich an etwas nicht mehr genau erinnern können. Es gilt folgende Regel: Sagen Sie vollständig und wahrheitsgemäß aus, verschweigen Sie nichts, fügen Sie aber auch nichts hinzu, was Sie nicht wissen.
- Kann oder soll ich mich auf die Aussage vorbereiten?
Da zwischen Tat und Gerichtsverhandlung Wochen oder Monate liegen, kann es sehr erleichternd sein, dass Sie sich vorher genaue Notizen machen. Diese Aufzeichnungen dürfen Sie bei Ihrer Aussage zu Hilfe nehmen. Ärztliche Atteste oder Bescheinigungen von Behörden dürfen Sie dem Gericht zur Unterstützung Ihrer Aussage vorlegen.
- Wie läuft das Strafverfahren in Hinblick auf die Zeugenaussage ab?
Auf der Zeugenvorladung, die ein Zeuge rechtzeitig vor einer Gerichtsverhandlung erhält, stehen Ort, Datum und Uhrzeit der Zeugenaussage. Sie werden bei Gericht erst mit Beginn des Zeugenaufrufs in den Gerichtssaal gebeten und erfahren also nicht, was seit Beginn der Verhandlung geschehen ist. Der Zeugentisch befindet sich meist in der Mitte des Gerichtssaals direkt vor den Richtern und ggf. Schöffen. Auf der einen Seite vom Zeugenplatz aus gesehen sitzen Angeklagte/r mit oder ohne Rechtsanwalt und auf der anderen Seite Staatsanwalt und evtl. Gutachter. Sie als Zeuge werden zunächst vom Richter befragt, Rechtsanwalt und Staatsanwalt können Ihnen im Anschluss daran Fragen stellen. Nach Ihrer Aussage dürfen Sie den Gerichtssaal verlassen oder auf den Zuschauerplätzen die Verhandlung weiter verfolgen. (siehe auch Skizze "Wer sitzt wo im Gerichtssaal?" ganz unten)
- Muss ich auch Fragen der Verteidigung beantworten?
Sie müssen auf alle Fragen von Richter, Rechtsanwalt und Staatsanwalt wahrheitsgemäß antworten. Die Fragen von Seiten der Rechtsanwälte können Sie unter Umständen verunsichern. Versuchen Sie dennoch, Ihre Aussage ruhig und sachlich vorzubringen.
- Sitze ich im selben Saal wie der Täter?
Bei den allermeisten Gerichtsverhandlungen sagen Sie in Gegenwart des/der Angeklagten aus. Ausnahmen gibt es nur in Fällen, wo ein Zeuge besonderen Schutz benötigt. Es kann eine Hilfe für Sie sein, wenn z. B. ein Mitarbeiter/eine Mitarbeiterin des WEISSEN RINGS zwischen Ihnen und dem/der Angeklagten Platz nimmt.
- Bekomme ich die Auslagen erstattet?
Mit der Vorladung schickt das Gericht in der Regel einen Zeugenentschädigungsantrag mit. Mit Hilfe dieses Antrags erhalten Sie Fahrtkosten oder Verdienstausfall erstattet. Es ist sinnvoll, dieses Formular in Ruhe zu Hause auszufüllen und dem Gericht nach der Aussage vorzulegen (siehe Zeugenentschädigungsantrag).
- Was passiert nach dem Urteil?
Wenn Sie nach der Zeugenaussage der Verhandlung nicht bis zum Schluss beigewohnt haben, werden Sie nicht automatisch über das Urteil informiert. Wenn Sie Nebenkläger/in sind, erfahren Sie alles über das Urteil bei Ihrem Anwalt. Sie können bei der Polizei oder dem Gericht auch schriftlich beantragen, über den Ausgang des Verfahrens unterrichtet zu werden.
Die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des WEISSEN RINGS helfen Ihnen gerne, wenn Sie eine Zeugenaussage machen müssen. Auf Wunsch begleiten wir Sie zur Gerichtsverhandlung und sind bei der Hauptverhandlung anwesend. Auch bei der Prozessnachbereitung kann der WEISSE RING die Zeugen unterstützen und Fragen beantworten. Eine inhaltliche Vorbereitung auf die Aussage nimmt der WEISSE RING aber nicht vor, da er dies nicht darf und nicht will, da es ein tragfähiges Urteil gefährden würde.